Mehrheit der Arbeitnehmer traut ihren Chefs die digitale Transformation nicht zu

Nur 36 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland trauen ihre eigenen Führungskräften genügend Kompetenz für die digitale Transformation des Unternehmens zu.

Die Mehrheit der Arbeitnehmer in Deutschland traut ihren Chefs nicht zu, die digitale Transformation ihres Unternehmens zu schaffen, hat die Studie „Arbeitswelt der Zukunft“ der Hochschule Furtwangen ergeben. Konkret halten nur 36 Prozent der befragten 1010 Arbeitnehmer ihre Führungskräfte bei den Themen Industrie 4.0 und Digitalisierung für kompetent. In Österreich und der Schweiz liegen die Werte höher, in Großbritannien darunter.

Digitalkompetenzen

Etwas höher ist das Vertrauen der Arbeitnehmer beim Thema Arbeitswelt 4.0. Immerhin 47 Prozent der Befragten attestierten ihren Chefs die Kompetenz, die Arbeit im Unternehmen so organisieren zu können, dass die Anforderungen der Digitalisierung wie Agilität oder Abbau von Hierarchien erfüllt werden. Eigene Förderprogramme für den digitalen Wandel haben allerdings bisher nur wenige Unternehmen eingerichtet.

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Armin Trost

„Wie unsere Befragung zeigt, ist das Vertrauen vieler Mitarbeiter in ihre Führungskräfte nicht so hoch, wie es angesichts der vor uns stehenden, technologischen und organisatorischen Herausforderungen sein sollte. Das ist durchaus bedenklich – schließlich kommt gerade dem Management die Schlüsselrolle bei der digitalen Transformation zu“, sagt Armin Trost, Studiendekan an der Hochschule Furtwangen (HFU), der die Studie wissenschaftlich begleitet hat.

Tatsächlich funktioniert digitaler Wandel in der Praxis eigentlich nur dann, wenn die CEOs das Thema glaubhaft vorantreiben. Der Variante, einen Chief Digital Officer vorzuspannen, fehlt meist die nötige Glaubwürdigkeit, um die Mitarbeiter für die Digitalisierung zu begeistern. Ein Chef, der nicht twittert, wird seine Belegschaft kaum für Social Media begeistern können – wenn diese nicht von selbst auf den Gedanken kommt, dass Vernetzung ihnen mindestens genauso viel nutzt wie dem Unternehmen.

Silke Hermann

Silke Hermann

Dass aber ausgerechnet die Personalabteilung diesen digitalen Wandel vorantreiben soll, wie in der Studie gefordert wird, hält Silke Hermann für einen schlechten Witz. „Leider sind Personaler in Unternehmen meistens sehr weit weg vom Markt und  von Unternehmensentwicklung. Eigene unternehmensrelevante Expertise gibt es wegen der Schornsteinkarrieren mit Administrationsfokus in Personalabteilungen selten. Digitalisierungskompetenz kann hingegen nur durch grundsätzliche Offenheit und Lernneugier gegenüber vordergründig bedrohlichen Veränderungen erworben werden. Von HR dies zu erwarten bedeutet den Bock zum Gärtner zu machen“, kritisiert Hermann, Geschäftsführerin der Insights Group.

Manager überschätzen ihre Digitalkompetenz erheblich

Eine frühere Untersuchung von Crisp Research brachte zudem eine krasse Selbstüberschätzung der Manager zu Tage. Die Mehrheit hatte sich selbst gute Digitalkompetenzen bescheinigt. Aus den Antworten der Entscheider haben die Marktforscher aber herausgelesen, dass nur 7 Prozent als „Digital Leader“ einzustufen sind, die also gleichzeitig das nötige Wissen über die Digitalisierung als auch die erforderlichen Management-Fähigkeiten verfügen, um die richtigen Entscheidungen in einer Welt voller disruptiver Entwicklungen zu treffen.

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Ein Grund für die Abweichung zwischen Selbsteinschätzung und Fremdbild: Wer sich selbst als „Digital Leader“ bezeichnet, aber angibt, in der Freizeit das Internet dann kaum noch zu nutzen, bekommt Punktabzug. Die Begeisterung für das Digitale darf eben nicht am Werkstor aufhören, denn die digitale Welt draußen bewegt sich viel schneller als das Digitale in den Unternehmen. Wer nicht sieht, wie sich Airbnb ausbreitet, wer Uber nicht selbst ausprobiert oder keine Idee hat, warum Snapchat die Jugend so fasziniert, kann auch nur schwer ein Gespür für die Trends in seiner eigenen Industrie entwickeln.