Wie Twitter schneller wachsen will

Keine gute Strategie: Twitter will die Kommunikation mit Freunden anregen. Genau dieser Art der Unterhaltung findet aber auf WhatsApp statt.

Twitters Bauchlandung schon mit den ersten Quartalszahlen nach dem Börsengang kam mit Ansage. Denn schon in den Quartalen zuvor war das erlahmende Nutzerwachstum sichtbar geworden, ohne dass Twitter eine Lösung für das Problem präsentiert hätte. Als im vierten Quartal die Zahl der Timeline-Views sogar erstmals zurückging, haben es auch die Börsianer verstanden, die Twitter schon in einer Liga mit Facebook wähnten.

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Das Problem: Twitter ist ein Broadcast-Medium

Wer sich heute bei Twitter anmeldet, bekommt ausschließlich große Nachrichtenmedien oder Prominente vorgeschlagen, denen man folgen könnte. Interaktion kommt mit diesen Accounts aber nur selten zustande. Da nun aber schon fast alle Promis, Politiker oder Medienschaffende auf Twitter präsent sind, sind die neuen Nutzer tendenziell eher passiv: sie lesen und schweigen, was auf Dauer wenig Anreize zum Besuch der Site auslöst. Beispiel Deutschland: Die Zahl der Nutzer ist im vergangenen Jahr um 81 Prozent auf 3,89 Millionen gestiegen. Aber gleichzeitig ist der Anteil der Nutzer, der auch wirklich aktiv twittert, von 42 auf 32 Prozent gefallen, zeigt die ARD/ZDF-Onlinestudie. Insgesamt schreiben also nur 1,17 Millionen Menschen Tweets. Zudem nutzen nur 7 Prozent, umgerechnet also 272000 Menschen, den Dienst täglich. 67 Prozent der 3,89 Millionen, also 2,6 Millionen, gaben an, Twitter monatlich oder seltener zu nutzen. Das bedeutet: Es gibt einen kleinen Teil an Schreibern, aber die große Mehrheit liest (nur manchmal) und schweigt (meistens). Dazu kommt: Viele Menschen, die sich bei Twitter anmelden, kommen nicht zurück. In Deutschland gibt es geschätzte 13 Millionen Twitter-Accounts, aber aktiv sind davon eben nur 4 Millionen. Ähnlich ist das Verhältnis weltweit: Etwa einer Milliarde Twitter-Accounts stehen 241 Millionen aktive Nutzer gegenüber. Die Mehrheit hat das Interesse an Twitter verloren. Bei Facebook ist dieses Verhältnis wesentlich besser.

Twitter will die Kommunikation mit Freunden anregen

“The native mobile sign-up that we are launching allows us to make on-boarding much more seamless for people and quickly connect you with the people you know who are already on Twitter” (Dick Costolo, 5. Februar 2014)

Twitter hat verstanden, dass sein bislang verfolgter Broadcast-Ansatz auf Dauer nicht das nötige Wachstum bringt. Costolo kündigte in der Telefonkonferenz nach den Quartalszahlen an, künftig die Kommunikation mit den echten Freunden stärker zu forcieren. Das bedeutet, dass Twitter bei der Installation seiner App auf das Adressbuch auf dem Smartphone zugreift und den neuen Nutzern gleich die Accounts seiner echten Freunde zum Folgen vorschlagen will.  Wer sich auf Twitter mit seinen Freunden unterhält, hat mehr Gründe für eine Rückkehr, lautet die Hoffnung. Allerdings ist diese eher private Konversationsform gerade zu Messaging-Diensten wie WhatsApp oder den Facebook Messenger abgewandert. Ob viele Nutzer aus ihrer gerade zurückerlangten Privatsphäre wieder in den öffentlichen Raum zurück wollen, erscheint zweifelhaft.

Wirtschaftliches Wachstum soll mit dem Aufbau von Sales-Teams erreicht werden. Für Deutschland sucht Twitter nun einen Vertriebschef, der in Berlin gleich ein komplettes Team aufbauen soll.