Die Techs kommen: Wie Internet-Firmen traditionelle Branchen “disrupten”

Seitdem die Internet-Firmen das Internet verlassen haben, um ihre Software in immer mehr Produkte wie Uhren, Autos, Roboter, Thermostate, Zahlungsterminals oder Kleidung einzubauen, steigt der Druck für traditionelle Unternehmen, ihre digitale Transformation voranzutreiben. Global betrachtet sind Banken, Versicherer und Reiseunternehmen mit der Digitalisierung schon vergleichsweise weit gekommen, aber Konsumgüterhersteller, Energieversorger und auch die Industrie hängen […]

Seitdem die Internet-Firmen das Internet verlassen haben, um ihre Software in immer mehr Produkte wie Uhren, Autos, Roboter, Thermostate, Zahlungsterminals oder Kleidung einzubauen, steigt der Druck für traditionelle Unternehmen, ihre digitale Transformation voranzutreiben. Global betrachtet sind Banken, Versicherer und Reiseunternehmen mit der Digitalisierung schon vergleichsweise weit gekommen, aber Konsumgüterhersteller, Energieversorger und auch die Industrie hängen noch weit zurück. Dabei zeigen Untersuchungen, dass Unternehmen, deren Produkte und Prozesse digitalisiert sind und die gut geführt werden, höhere Umsätze und sogar deutlich höhere Gewinne erzielen als die Unternehmen, die entweder geringe digitale Fähigkeiten und/oder keine Führungs-Qualitäten aufweisen.

Welche Branchen besonders gefährdet sind, bald “disrupted” zu werden und wie sie sich auf den Angriff der Tech-Firmen vorbereiten können, habe ich in meinem Vortrag: “Die Techs kommen – Wie Internet-Firmen in andere Wirtschaftszweige eindringen und was die Digitalisierung für traditionelle Unternehmen bedeutet” behandelt. Hier die wichtigsten Slides:

1. Wie Tech-Firmen traditionelle Branchen “disrupten”

Tech-Firmen haben sich lange Zeit auf Software beschränkt und damit vor allem Geschäftsmodelle disrupted, die per Computer oder Smartphone angreifbar waren. Erst seit etwa 4 Jahren kommen nun Hardware-Innovationen hinzu, womit die Zahl der angreifbaren Märkte natürlich deutlich zunimmt.

Fast immer lässt sich der Ansatz der Tech-Firmen auf drei Aspekte zurückführen: Ihr Produkt war für die Kunden bequemer und/oder half ihnen, Zeit und Geld gegenüber dem bisherigen Modell oder Anbieter zu sparen. Das klingt simpel, erklärt aber weitgehend, warum Google, Amazon, Booking.com, WhatsApp, myTaxi oder Uber erfolgreich sind.

Folie02-1024x768 Folie03-1024x768

2. Technischer Fortschritt in vier zentralen Bereichen beschleunigt sich

Die Beschleunigung des technischen Fortschritts in den vier zentralen Disziplinen Mobile (inklusive Geolocation und Realtime), Software (vor allem Machine Learning und “Big Data”), Sensorik (für das Internet der Dinge) und Robotics (mit dem Wachstumsfeld Cloud-Robotics) erhöht die Disruptions-Gefahr in vielen Branchen. Innovationen wie das selbstfahrende Auto, die noch vor wenigen Jahren utopisch war, sind plötzlich sehr realistisch geworden. Da sich das Innovationstempo weiter erhöht, werden auch Branchen wie die Industrie oder Energieversorger unter Druck von Wettbewerbern kommen, mit denen bisher nicht zu rechnen war.

Folie07-1024x768

3. Die vier Stufen der digitalen Meisterschaft

In einer Untersuchung von MIT Sloan und Cap Gemini wurden die Faktoren für erfolgreiche Unternehmen ermittelt. Danach sind heute Digital-Fähigkeiten und die Management-Qualität für den Erfolg des Unternehmens (Umsatz, Gewinn) verantwortlich. Je nach Ausprägung dieser beiden Kriterien lassen sich vier Stufen zur digitalen Meisterschaft definieren:

  • Anfänger, die weder besondere digitale noch Führungsfähigkeiten haben.
  • Modebewusste, die zwar jeden Digitaltrend mitmachen, aber daraus nicht das Kapital schlagen können, weil das Unternehmen weiterhin schlecht geführt ist.
  • Konservative, die eine Digitalisierung nicht mitmachen, aber ansonsten ein gutes Management haben.
  • Digitale Meister, die gut geführt sind und die Digitalisierung konsequent vorantreiben.

Folie08-1024x768

4. Die digitalen Meister

Den höchsten Anteil “digitaler Meister” weist die High-Tech-Branche auf, obwohl die “Disrupter” wie Google oder Amazon in der internationalen Untersuchung bewusst nicht erfasst wurden. Auch Banken und Versicherer weisen schon einen hohen Anteil weitgehend digitalisierter Unternehmen auf, auch wenn dies in Deutschland bisher nur in Ansätzen wie bei der Deutschen Bank und der Allianz zu beobachten ist. Reise, Telekom und Handel, die unter den neuen Anbietern aus dem Netz (Booking.com, WhatsApp, Amazon) besonders leiden, befinden sich nur im Mittelfeld und laufen ihren Angreifern nur hinterher. Digitale Meister sind in den Branchen Konsumgüter, Energieversorger, Industrie und Pharma bisher kaum zu finden; diese Unternehmen werden sich wohl auch erst bewegen, wenn neue Wettbewerber in Sicht kommen. Die Strategie ist allerdings gefährlich, denn bei den Energieversorgern sind die Angreifer wie Nest oder Tado allerdings sehr gut zu sehen.

5. Die Digitalisierung der deutschen Industrie

Nach einer Umfrage von PWC / Strategy& planen viele deutsche Industrieunternehmen wohl kräftige Investitionen in das Prestigeprojekt “Industrie 4.0″, das neben der Digitalisierung der Produktionsprozesse auch die Entwicklung digitaler Produkte und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle vorsieht. Bis zu 40 Mrd. Euro wollen die Unternehmen dafür jedes Jahr ausgeben, lautet ein Ergebnis der Studie. Als Ergebnis wird eine deutliche Steigerung des Digitalisierungsgrades der Wertschöpfungskette und der Produkte in den kommenden fünf Jahren erwartet.

Folie15-1024x768 Folie16-1024x768

6. Die Wege zur digitalen Meisterschaft

Von den Digitalunternehmen lernen heißt, sein Produkt vom Kunden her zu denken, der mit dem Smartphone in der Hand den Ton angibt. Dessen Wünsche werden ständig anspruchsvoller; Wartezeiten sind in unserer Echtzeit-Ökonomie kaum noch zu rechtfertigen. Auf diese Wünsche hin wird dann das (digitale) Produkt entwickelt und erst danach die Produktion geplant. Da die Kundenwünsche immer individueller werden, sind auch Produkte und Produktion künftig auf die Losgröße 1 ausgerichtet. Wer alle drei Punkte nicht erfüllen kann, sollte sein Geschäftsmodell überprüfen, ob es für das digitale Zeitalter noch geeignet ist.